WM zu kaufen gesucht 

Normale Kanäle will ich nutzen, also gestern Abend die Tagesschau und heute Morgen die Tageszeitung. Die Spiele der WM mag ich aber nicht schauen, auch keinen Liveticker nutzen. Ich fühle mich nicht wohl als Mini-Mini-Teil der WM und habe schweren Herzens beschlossen, diesmal keines zu sein und die WM nicht zu schauen. Und nun ist die WM eröffnet, so wie ich lese: Eine schöne Eröffnungsfeier und eine Niederlage der WM-Heimmannschaft. Das Ganze ist am Toten- bzw. Ewigkeitssonntag geschehen. Das ist komisch. Passt für mich nicht. Beim Gottesdienst gestern, bei dem an alle Verstorbene der Gemeinde gedacht wurde, sollte dieses Bild auf den Trauerweg heilsam sein. Es zeigt Jesus, wie er fast unsichtbar zwei Jünger von ihrem Weg von Karfreitag nach Ostern begleitet. Für mich ist dieses Bild ein Sinnbild für die WM, nicht nur wegen der Wüstenlandschaft im Bild: Die vielen toten Arbeiter, die für den Bau der Stadien gestorben sind, gehen unsichtbar mit, begleiten die ganze WM, sozusagen an der Seite von den Menschen, die bei der WM unterwegs sind: Spieler, Trainer, Fans, Funktionäre. All das, was diese WM belastet, sie schwerer macht als andere WMs, geht mit, vielleicht so unsichtbar, aber dicht Seite an Seite. Wo der Weg hinführt, ob so wie im Bild und der Geschichte der Emmausjünger von der bedrängenden Trauer in ein Art Licht, werden wir bis zum Endspiel in 4 Wochen sehen – oder auch nicht. 

Pfr. Jochen Kunath, KDA Baden

 WM-Kapitänsbinde zu verkaufen 

Bis zur 75. Minute war gestern scheinbar alles in Ordnung, dann zwei Tore aus dem eher Nichts und die Einstiegs-Pleite für die Deutsche Nationalmannschaft war leider perfekt. Obwohl das Team doch ein Zeichen vor Spielbeginn mutig gesetzt hat. Mir ist das schon schwergefallen, gestern um 14.00 Uhr den TV nicht anzuschalten, fast hätte ich auch gar nicht dran gedacht. Das Entscheidende ist ja vor dem Spiel geschehen: Der DFB hat entschieden, dass Manuel Neuer die One-Love-Armbinde nicht trägt. Eigentlich hat das alles in den Hintergrund gedrängt, vielleicht auch in den Köpfen sensibler Spieler. Es ist wie im Bild: Das im Vordergrund gerät in den Hintergrund und im Hintergrund er-scheint das Wesentliche. Aus Schrottmüll wird via Beleuchtung eine Krippe. Wunderbar. Der Schein macht es möglich. Bald haben wir Advent zur WM-Zeit. Eine WM, bei der Scheine wohl alles ausmachen: Es geht vor allem ums Geld, der Empörungsschein trügt und viele in der Welt müssen ein bitteres Schattendasein fristen. Bald ist Advent. Aus Müll wird Krippe, aus dem Unrat, Kaputtem und Mist, was wir fabrizieren – wir persönlich und bei dieser kollektiven WM – wird hoffentlich etwas anderes, verwandelt eine Krippe, in der die Liebe geboren wird. Gottes Schein trügt nicht. Gott liebt. Am Sonntag ist 1. Advent, die zweite Chance der Nationalmannschaft, ausgerechnet gegen Spanien, die mit einem 7:0 überzeugt haben. Für mich wären statt Hände vor dem Mund, statt One-Love-Armbinden am Oberarm eine deutliche Ansage und auch Absage an die Fifa überzeugender gewesen. Aber die WM geht weiter. Pfr. Jochen Kunath KDA BAden 

 WM-Schlüssel gesucht 

Die normalen Info-Kanäle sind erlaubt. Nur direkt an der WM teilnehmen, will ich nicht. Da ich von der Nationalmannschaft doch nicht ganz loskomme, habe ich heute Morgen sehr gespannt die Radionachrichten gehört. Als vorletzte Meldung kam es dann endlich: Deutschland wahrt sich die Chance auf den Einzug ins Achtelfinale. Zum Glück denke ich. Als erstes kam die Meldung zu den Protesten in China. Auch so ein autoritäres Regime. Chancen wahren. Erst mal Chancen haben. Chancen überhaupt bekommen im Leben, automatisch, weil man sie als Mensch einfach zu haben hat. Katar ist kein Land der Chancengleichheit, China auch nicht, nirgends gibt es das absolut. Irgendwer versteckt immer den Schlüssel, den Schlüssel zu einem guten und gerechten Leben. Autoritäre Staaten machen das mit ihren Menschen systematisch und absichtlich, halten es mit Menschenrechten wie sie wollen. Katar ist zur Zeit der WM wie ein offenes Schaufenster. Aber für viele hängt der Schlüssel zum Recht und Leben wie hinter Glas, ist er nah, zu Greifen nah, bleibt aber unerreichbar. Marias Lobgesang Gottes ist für mich jedes Jahr so etwas wie der Türöffner zum Advent. Maria ist wohl eher eine von denen, die in China auf die Straße gehen, eine von den Frauen, die in Katar sehr eingeschränkte Chancen haben. Marias Lobgesang ist ein Trotzgesang, mit dem Kind, das sie in sich trägt, hofft sie auf Veränderung. Ihr energischer Satz „Er stößt die Gewaltigen vom Thron und erhebt die Niedrigen“ wendet sich gegen die Mächtigen, auch in Katar und auch in der Fifa. Wollen wir so weit denken? Der Schlüssel ist ausgerechnet in einem adventlich wirkenden Glasstern hübsch verschlossen. Wir könnten versuchen, den Korken zu öffnen. Die Chancen der deutschen Mannschaft stehen nicht so gut. Sie hat es nicht selbst in der Hand. Sie hängt von anderen ab. Passt zum Advent. Pfr. Jochen Kunath KDA-Baden 

Weitere theologische Gedanken von Pfr. Jochen Kunath finden Sie hier.

Die Kommentare können Sie als PDF-Dokumente herunterladen. WM 1,  WM 2, und WM 3

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Pfr. Dr. Jochen Kunath

Leitung KDA und Studienleiter
für Arbeitswelt und Wirtschaft
an der Evangelischen Akademie in Baden
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