„Gott würfelt doch“
Statement aus dem Online Forum „Gott würfelt nicht“ des Kirchlichen Dienstes in der Arbeitswelt in der Badischen Landeskirche am 26.4.23: zum Thema „Wie kommen wir zu fairen Preisen?“
Das Zustandekommen von Preisen regeln in der freien Marktwirtschaft klassisch Angebot und Nachfrage, dazu treten ordnende Regulierungen bzw. Eingriffen des Staates. In Zeiten des globalen Marktes, der Vielfalt der verschiedenen Branchen und Warensegmenten, der Potenzierung von Interessengruppen und konkurrierender Auffassungen von Marktprinzipien ist die Preisbildung komplexer geworden, auch und gerade die Beurteilung, wie einzelnen Preise zustande kommen und zu bewerten sind.
Damit verschärfen sich auch die Probleme, die mit der Preisbildung einhergehen: Neben dem volkswirtschaftlichem und derzeit allgegenwärtigem Problem der Inflation und neben den gesetzlich sanktionierbaren Problemen von z.B. Monopolbildung, Preisabsprachen und Wucher entstehen u.a. folgende Probleme: Versteckte Preiserhöhungen; Preisverzerrungen; große Preisunterschiede in Blick auf einzelne Güter; Kampfpreise; Preispolitik oder Handelsstreitigkeiten auf Kosten der Beteiligten in den Lieferketten; soziales Problem der hohen Diskrepanz zwischen Tauschwert und Gebrauchswert von Waren; zu hohe Preise für bestimmte Bevölkerungsgruppen; überschießende Gewinnmitnahme von einzelnen Unternehmen.
Die Idee eines „gerechten Preises“, der zum Ausgleich von Gemeinwohl und (jeweiligen) Eigeninteresse führen soll, scheint sich in der freien Marktwirtschaft nicht durchzusetzen. Bemühungen und Realisierungen von „fairen Handel“ sind Wege, zu einem „Fairen Preis“ zu kommen, wobei der „faire Handel“ deutlich weiter greift als nur einen „fairen Preis“ zu etablieren. „Faire Preise“ sind dort solche, die sowohl dem Unternehmen und dessen nachhaltigen Erhalt dienen als auch allen anderen, vor allem den Produzierenden, die am Handeln beteiligt sind. Wie der „Faire Handel“ sind alle Bemühungen um das Lieferkettengesetz absolut sinnvoll und zu unterstützen genauso der vielerorts etablierte Verbraucherschutz und die Tafelläden, die die größte Not mildern. Bei allem bleibt die vorrangige gesellschaftliche Lösung oben genannter Probleme die Garantie einer Lohngerechtigkeit. Diese Forderung schaut auf die „Einkommensseite“ und könnte in Zukunft an ihre Grenzen kommen. So muss zukünftig verstärkt der Blick auf die „Ausgabenseite“, sprich auf „faire Preise“ gerichtet werden.
Aus ethischer Perspektive stellt der Preis dessen, was verkauft oder erworben wird, immer noch einen Tauschwert dar, der auf mehr verweist, als sich im Preis selbst ablesen lässt. So müssen Preise stets durchsichtig bleiben auf das „hinter ihnen“ stehende: auf das Einkommen derer, die kaufen; auf die unternehmerische Verantwortung derer, die produzieren, verkaufen oder handeln; auf die, die am Zustandekommen des jew. Preises durch Wertschöpfung faktisch beteiligt sind; auf den verbindlichen und lebensdienlichen Austausch all derer, die durch den „gebildeten“ Preis miteinander übereinkommen; letztlich auch auf den „Geschenkcharakter“ aller Güter. Daraus ableitbar sind ethische Forderungen an die Preispolitik, grundlegend ist die Forderung eines „vielsprechende“ und lebensdienlichen Preises; und als ein konkretes Beispiel sei die Idee eines „preiswerten Grundwarenkorbs“ genannt, also die Idee, dass fundamentale Grundnahrungsmittel steuerfrei und damit preiswert für alle verkauft werden können.
Pfarrer Dr. Jochen Kunath, Leiter Kirchlicher Dienst in der Arbeitswelt (KDA) Baden und Studienleiter Wirtschaft und Arbeitswelt in der Evangelischen Akademie Baden
Das nächste Online-Forum „Gott würfelt nicht“ findet am 21. Juni 2023, 13-14 Uhr statt. Nähere Informationen: www.gottistarbeit.de
Das Statement als PDF.
Pfr. Dr. Jochen Kunath
Leitung KDA und Studienleiter
für Arbeitswelt und Wirtschaft
an der Evangelischen Akademie in Baden
Blumenstr. 1-7 | 76133 Karlsruhe
Telefon 07219175360
E-Mail