Die Bundestagswahl steht vor der Tür. Für Christinnen und Christen steht das Jahr unter einer biblischen Losung, die wie geschaffen ist für Wahlen: „Prüft alles und behaltet das Gute“ (1. Thessalonicher 5,1). Aber: Was ist das Gute? Um das Gute zu finden, muss man das Schlechte ausschließen. Als Hauptverantwortlicher des Kirchlichen Dienstes in der Arbeitswelt für unsere Landeskirche versuche ich den Blick auf das Wirtschaftsprogramm der AfD, das sie zur Wahl stellt. Warum der Blick nur auf die AfD? Weil sie für mich eine Alternative aufzeigt, die nicht ins gemeinsame Gute führt, die wir aber alle in uns tragen. Insofern ist es eine Selbstprüfung.
Deren dritter Teil: Wie sieht eine gute Energiepolitik aus?
Innerhalb der Wirtschaftspolitik wird die Energiepolitik angesichts des Klimawandels entscheidend sein für die Zukunft unseres Landes. Die Ressourcen, die uns versorgen und mit denen wir unser Land gestalten, sind endlich und nicht alle gleich gut. Für welche wie entscheiden?
Die AfD trifft innerhalb des klassischen Anspruch-Dreiecks der Energiepolitik: Versorgung – Wirtschaftlichkeit – Ökologie eine klare Entscheidung. Sie setzt auf den fast ungebremsten Markt. Zentralisierung, Planung, Subventionen, Regulierung seitens des Staates erteilt sie eine deutliche Absage. Sie erhofft sich alles vom freien Markt, von freien und souveränen Bürgern. So ließe sich Wohlstand und Freiheit und die anderen beiden Pole des Energiedreiecks (Versorgung und Ökologie) fast wie von selbst erreichen. Grundlage der Sicht der AfD ist die Selbstmächtigkeit des Marktes und im Blick auf unsere Ressourcen und Lebensgrundlagen: Diese bestünden einfach immer weiter als verfügbares Allgemeingut, das wir besitzen.
Das machen wir auch. Wir besitzen als einzelne und als Gesellschaft die uns zur Verfügung stehenden Lebensgrundlagen und Ressourcen. Wir benutzen sie und versorgen uns damit. Hahn auf: Wasser raus, Schalter an: Licht scheint. Das geht automatisch und der Gedanke, dass das nicht „einfach“ so weiter geht und dass ich mich da verändern müsste, geht schwer in den Kopf. Das Energie-Dreieck passt nicht mehr, ist nicht mehr gleichschenkelig.
Die AfD ruft fast paradoxerweise zum Recht auf das analoge Leben auf, doch das gibt es so nicht mehr. Die Ressourcen, die wir haben, haben wir auch nicht so, sie sind kein fixer Besitz. Sie sind dynamisch. Mit dem Wandel, gar der Transformation, tut sich die AfD schwer. Viele tun das. Aber der alleinige Blick auf die Macht der Wirtschaft und den eigenen Geldbeutel ist keine aktive Gestaltung, wenn es knapper wird. Es ist reaktiv. Unsere Lebensgrundlagen, unsere Energien, die uns Leben ermöglichen, sind selbst Mächte und wir haben uns mit ihnen zu arrangieren und Leben aktiv und für alle gut zu gestalten. Die Kunst ist das zu gestalten, was wir nicht besitzen. Da hilft es niemanden, den Besitz für ganz frei oder in bestimmten Händen zu erklären. Das Energie-Dreieck hat immer einen „externen“ Fixpunkt. Die AfD verbrämt ihn als Ideologie oder Hysterie, hat aber selbst einen: Sich.
Der biblische Wochenspruch für die fünfte Woche vor der Bundestagswahl spricht von einer externen Energieversorgung, von einer Lebensgrundlage. Von der mag man halten, was einem fürs Leben entspricht, aber sie hat einen (für mich) wahren Kern. Indirekt sagt sie: Menschengemachte Fülle gibt es nicht. Alles ist endlich. Ich höre: Beim Energie-Dreieck müsst ihr Euch entscheiden für die wichtigste Seite, die wirkliche Fülle verspricht. Und direkter: Diese Fülle wird Euch geschenkt und wir können davon nehmen. Die AfD meint zu besitzen, statt zu geben. Der Wochenspruch dagegen lautet: „Von seiner Fülle haben wir alle genommen Gnade um Gnade.“ (Johannes 1,16)
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Vor der Bundestagswahl veröffentlichen wir wöchentlich eine Meinungsäußerung zu bestimmten Themen der Wirtschaftspolitik der AfD. Diese Beiträge stammen von
Pfarrer Dr. Jochen Kunath
Leiter Kirchlicher Dienst in der Arbeitswelt (KDA) Baden
Studienleiter Wirtschaft und Arbeitswelt in der Evangelischen Akademie Baden
jochen.kunath@ekiba.de
und werden jeweils dienstags veröffentlicht.