Drrrinnnngggg driiiinnnngggg … immer lauter wird der Weckton, verflüchtigt sich nochmal in den letzten Zügen meines Traumes, um mich dann kalt in die Realität zu holen. Drücke ich auf Schlummern und entgehe noch ein wenig dem Trubel? Oder wage ich es, meinen Fuß in das viel zu kalte Schlafzimmer zu setzen? Es ist noch dunkel. Tageslicht fehlt – es wäre sicher ein guter Kickstart in den Arbeitstag.
Beim Vorbereiten der Schulbrote für die Kinder geht mir durch den Kopf, auf welche Situationen und Menschen ich heute treffen werde. Mein Beruf als Pflegerische Leitung ist ein Beruf am Menschen, der persönlicher nicht sein kann. Und neben dem Organisieren und Leiten ist die Kommunikation auf Augenhöhe wichtig. Die Teams leisten täglich gemeinsam Großes, aber trotz täglicher Motivationsansprache stockt der Antrieb zeitweise deutlich.
Was kann ich tun? Was kann jeder Einzelne für sich und den anderen tun? Es ist nicht nur eine Frage unter Kollegen und Kolleginnen hier im Krankenhaus, sondern auch eine, die die Gesellschaft und den Zeitgeist betrifft. Noch mehr Führungscoaching? Noch mehr Online- Angebote zum Pushen des Berufsalltages?
Zwischenmenschlichkeit, flache Hierarchien, ist das, was ich bereits lebe und auch liebe. Wir stützen einander und freuen uns über das gemeinsame Ergebnis der Arbeit. Nicht über den Lohn allein, nein, sondern auch über das Lächeln oder die neu geschöpfte Hoffnung der Patienten und Patientinnen und ihrer Angehörigen. Das ist die Antwort auf unseren Dienst am Menschen.
Wir profitieren voneinander. Es ist eine Art Symbiose mit Abwehrsystem. Warum Abwehrsystem? Oft prallen Interessen aufeinander, wie in jeder gesunden Beziehung. Das stoppt manchmal, aber bringt uns auch nach vorn.
Da sitzen die Kolleginnen und Kollegen dann in den Pausen bunt gemischt, alle beißen nach mehreren Stunden Arbeit beherzt in ihre Brote. Sie lachen zusammen, weil sie wissen, wie wertvoll diese gemeinsame Zeit ist. Und doch ist ein jeder ein Einzelkämpfer und unterscheidet sich in Alter, Geschlecht, Kultur, Moral und Motivation.
Das Ziel bleibt dennoch das Gleiche. Nur die Herangehensweise ist eine andere. Und darum wird gerungen. Theorie und Praxis unterscheiden sich. Was man seit Jahrhunderten so gemacht hat, erscheint oft in alten Strukturen unantastbar. Doch es bröckelt, verliert immer mehr an Substanz durch mangelnde Pflege des Systems. Die Lücken, die entstehen, müssen zügig gestopft werden. Fraglich generalisiert übers Knie gebrochen.
Nun liegt es auch an uns. Wissen zu vermitteln und offen zu sein für Neues. Sich in der Mitte zu treffen und die Menschlichkeit vorne an zu stellen. Gemeinsam mit Herz und Seele – den Job als Berufung wahrzunehmen zu dürfen.
Nadine Steller
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