Interview: „Und was machst du so beruflich, Barbie?“

Hallo Barbie, herzlich willkommen zum Interview und alles Gute zum 66. Geburtstag! Younger than ever!

Aber ich habe mal eine Frage: In all den Jahren hast du viele Berufe ausgeübt, aber stimmen die wirklich alle? Viele deiner Kritiker sagen, dass du in einer Blase lebst und die Möglichkeiten von Frauen in der echten Welt verzerrst. Was sagst du dazu?

Barbie: Vielen Dank! Es fühlt sich wirklich gut an, all diese Jahre hinter mir zu haben. Aktuell arbeite ich als Ingenieurin, eine der neuesten Positionen, die ich übernommen habe. Zuvor war ich unter anderem Ärztin, Astronautin, Anwältin, Unternehmerin und sogar Präsidentin! Ich wollte immer, dass die Mädchen, die mit mir spielen, verstehen, dass sie alles erreichen können, was sie sich vornehmen. Es geht darum, dass sie an sich glauben. Das war mir auch in meinem Film wichtig zu transportieren, den kennst du ja vielleicht?

Ja klar, starke Rolle!  Aber irgendwie wundert es mich, dass dir alles gelingt, auch beruflich. Es wirkt so, als könntest du alles tun. Aber ist das wirklich realistisch? Oder alles Fake? Viele sagen, dass deine Karrieren eher dazu dienen, ein unrealistisches Bild von Frauen zu verbreiten. Wie siehst du das?

Barbie: Es ist beides: Realität und Fake. Frauen haben diese Berufe und sind enorm erfolgreich und gleichzeitig muss ich zugeben, dass ich in den 66 Jahren immer ein sehr idealisiertes Bild von Frauen dargestellt habe. Ob die Länge meiner Beine oder die Vielfalt meiner Berufe: Die berufliche Wirklichkeit von Frauen ist ja auch oft herausfordernd, steinig und sexistisch: Ungleiche Bezahlung, ungleiche Rollenerwartungen und lahme Altherren-Witze.

Und ganz ehrlich: Die haben mir Werkzeuge und Arbeitsmittel mitgegeben, die nichts getaugt haben. Ich habe damit nur Mist gebaut, weil meine Ausstattung Schrott war.

Du sprichst von den Herausforderungen, aber deine Figur ist oft das genaue Gegenteil dieser Realität. Dein Körper entspricht körperlichen Proportionen, die in der echten Welt völlig unrealistisch sind. Hast du jemals darüber nachgedacht, wie schädlich dein Aussehen für das Selbstbild von jungen Mädchen sein könnte? Und wie geht es dir damit?

Barbie: Klar, ich verkörpere Schönheitsideale, die nie erreicht werden können. Mehr noch: Sie sind schlichtweg anatomischer Quatsch. Ich denke, das hat vielen Mädchen und Frauen falsche Vorstellungen davon vermittelt, wie sie aussehen „müssen“. Wenn ich darüber nachdenke wird mir regelmäßig übel.

Ich selber muss mit 66 Jahren nun das ausbaden, was meine Schöpfer angerichtet haben. Meine Rücken- und Hüftschmerzen, das wenige Haar, was mir vom vielen Färben und Bleichen ausgegangen ist, die Krampfadern vom permanenten auf den Zehen gehen, die Augenentzündungen und Schmink-Allergie und leider auch die Depressionen, nie für voll genommen zu werden.

Es klingt so, als ob du jetzt erkennst, wie problematisch dein Image war, weil dein Körper älter wird. Wie fühlst du dich, wenn du realisierst, dass deine Darstellung auch zu einem Teil des Problems wurde?

Barbie: Es ist eine unangenehme, aber notwendige Erkenntnis. Und leider bin ich nicht nur ein Relikt aus alten, längst vergangenen Zeiten. Eigentlich ist das heutige Instagram-, TikTok- und YouTube-Zeitalter das ideale Barbie-Zeitalter. Noch nie habe ich so viele Schwestern wie auf Social Media gesehen: die Fotofilter, die Make-Ups… Ich meine, dass KI und Social Media, also die Vermarktung des künstlichen Alter Egos, auch ein neues Barbie-Zeitalter eingeläutet hat.

Es besteht schon ein Zusammenhang zwischen den vielen Berufen und meinem unrealistischen Körperbild. Das ständige Aufeinandertreffen von Schönheit und Erfolg vermittelt irgendwie ein toxisches Bild von Frauen – eine Art „Superfrau“, die perfekt in jeder Hinsicht ist.

Letzte Frage, Barbie. Wenn du heute eine Nachricht an junge Mädchen senden könntest, die sich immer noch von deinem Bild beeinflussen lassen, was würdest du ihnen sagen?

Barbie: Ich würde ihnen sagen, liebt euch so wie ihr seid! Perfektion ist weder real noch erstrebenswert. Ihr braucht nicht notwendigerweise Schminke und rosa Anzug. Was wirklich zählt, ist eure Originalität und der Mut, Neues zu wagen. Eine gute Ausbildung in einem Beruf, der Spaß macht und finanzielle Unabhängigkeit bietet, ist allerdings ein Muss. Da bin ich total konservativ, spätestens seit den Film-Erfahrungen mit Ken.

Vielen Dank und HAPPY BIRTHDAY, Barbie!

Nina Golf, wissenschaftliche Referentin, kda Bayern

 

Foto: CanvaPro