PRESSEINFORMATION
Hannover, 02. Juli 2025: Der Evangelische Verband Kirche-Wirtschaft-Arbeitswelt e.V. (KWA) begrüßt die Empfehlung der Mindestlohnkommission, den gesetzlichen Mindestlohn zum 1. Januar 2026 auf 13,90 Euro und zum 1. Januar 2027 auf 14,60 Euro zu erhöhen. Für den KWA ist diese Entscheidung ein notwendiger Schritt hin zu mehr sozialer Gerechtigkeit, finanzieller Teilhabe und Würdigung der Arbeitsleistung von Millionen Beschäftigten.
„Wer Vollzeit arbeitet, muss davon menschenwürdig leben können – das ist nicht nur ökonomisch sinnvoll, sondern biblisch und ethisch geboten“, so die KWA-Vorsitzende Gudrun Nolte.
Die Erhöhung stärke die Kaufkraft, senke den Bedarf an Sozialleistungen und schaffe mehr soziale Sicherheit. Auch die Wirtschaft profitiere langfristig durch stabilere Einkommen und höhere Konsumnachfrage.
Keine Ausnahmen für einzelne Branchen – gleiche Würde für alle
Mit Sorge sieht der KWA die jüngsten Forderungen des Deutschen Bauernverbands nach Ausnahmeregelungen vom gesetzlichen Mindestlohn für Saisonarbeitskräfte in der Landwirtschaft. Der Mindestlohn ist die absolute Lohnuntergrenze – ohne Ausnahmen. Eine Absenkung für bestimmte Gruppen untergräbt das Prinzip gleicher Bezahlung für gleiche Arbeit und öffnet Tür und Tor für Ausbeutung.
„Saisonarbeitskräfte – oft aus Osteuropa – verrichten körperlich harte Arbeit unter teils herausfordernden Bedingungen. Sie verdienen Schutz und faire Entlohnung, nicht neue Lohnhierarchien“, betont Heike Riemann, Beauftragte im KWA für prekäre Arbeit.
Gerade in den letzten Jahren sind Fälle von Unterbringungsmängeln, unbezahlten Arbeitsstunden oder undurchsichtigen Abzügen öffentlich geworden.
Landwirtschaft braucht Unterstützung – aber nicht auf dem Rücken der Schwächsten
Der KWA erkennt an, dass kleinere landwirtschaftliche Betriebe unter erheblichem wirtschaftlichen Druck stehen. Steigende Löhne, internationaler Wettbewerb und geringe Margen erschweren das wirtschaftliche Überleben. Diese Probleme müssen aber strukturell gelöst werden – etwa durch faire Erzeugerpreise, staatliche Ausgleichsmaßnahmen oder eine neue Preisgestaltung entlang der Wertschöpfungskette. Nicht akzeptabel ist, dass dieser Druck auf die am wenigsten geschützten Arbeitskräfte abgewälzt wird. Der KWA fordert daher:
- Keine Ausnahmen beim Mindestlohn für Saisonkräfte oder einzelne Branchen.
- Verstärkte Kontrollen durch den Zoll und klar verständliche Arbeitsverträge in den Herkunftssprachen der Beschäftigten.
- Faire Preise für landwirtschaftliche Produkte, getragen auch vom Lebensmitteleinzelhandel und den Konsumenten.
Fazit
Die geplante Mindestlohnerhöhung ist ein bedeutender Fortschritt für soziale Gerechtigkeit und wirtschaftliche Teilhabe. Der KWA begrüßt sie als Ausdruck gesellschaftlicher Verantwortung. Gleichzeitig warnt er eindringlich vor Ausnahmeregelungen, die bestehende Ungleichheiten vertiefen und das Vertrauen in das Mindestlohnsystem untergraben würden.
„Die Würde des Menschen kennt keine Erntesaison“, so Nolte abschließend. „Jeder Mensch – egal ob in der Pflege, im Lager oder auf dem Feld – hat Anspruch auf gerechten Lohn und einen fairen Umgang.“
Mehr Informationen zu Prekärer Arbeit:
Prekäre Arbeit
Der Evangelische Verband Kirche-Wirtschaft-Arbeitswelt (KWA) ist eine Stimme der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), die sich im gesellschaftspolitischen Diskurs für gute Arbeit und soziale Gerechtigkeit einsetzt. Durch Veranstaltungen, Publikationen und Kampagnen fördert er den Dialog zwischen Kirche, Wirtschaft und Arbeitswelt. Der KWA orientiert sich mit seinem bundesweiten Netzwerk an einer nachhaltigen und sozialen Wirtschaftsordnung, die dem Wohl des Menschen dient.
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Kontakt: Angela Haubrich, Öffentlichkeitsarbeit, 0511 473877-15; a.haubrich@kwa-ekd.de