Autor: Pastor Peer-Detlev Schladebusch
Traum oder Albtraum?
Er hat sich mit 33 Jahren selbständig gemacht und ein beachtliches Unternehmen aufgebaut. Davon zeugt heute ein moderner Gebäudekomplex. Für die Familie baute er eine große Villa auf dem Firmenanwesen. Mit 62 hörte sein Herz auf zu schlagen. Die Söhne hatten kein Interesse, die Firma zu übernehmen. Sie spekulierten auf den Erlös des Verkaufs, der dann aber geringer ausfiel als erwartet. Vom Unternehmen gibt es nur noch eine schicke Homepage, aber niemand ist mehr erreichbar. Das Firmengelände gleicht einer Geisterstadt. Ein bedrückendes und abruptes Ende von großem Einsatz an Lebensenergie.
Eine weitere Karriere: Er ist mit 45 Jahren Vorgesetzter von 1.200 Beschäftigten. Als Auszubildender hat er im Unternehmen angefangen und sich Stück für Stück hochgearbeitet. Als Personalchef ist er eher gefürchtet. Viele kennen ihn noch als Kollegen, der sich geschickt und oft auf Kosten anderer in Szene gesetzt hat, um beruflich aufzusteigen. Die Ehe ist zerbrochen und zu seinen Kindern hat er nur noch losen Kontakt.
Was treibt mich an?
Wem beweise ich etwas mit meinem Tun: Mir selbst, meinen Eltern, den Kollegen oder dem sozialen Um- feld? Die Suche nach Anerkennung ist ein besonders kräftiger Motor, der unvorstellbare Energien freisetzt. Erfolg führt dabei leicht zu Überheblichkeit, die Warn- schilder rücksichtslos überfährt. Menschenwürde, Re- spekt, Nächstenliebe und Barmherzigkeit bleiben da schnell auf der Strecke. Wer hier auf die schiefe Ebene gerät, kann nur sehr schwer umkehren.
Wozu arbeite ich?
Habe ich eine Vision für mein Leben und Arbeiten? Wofür will ich mich einsetzen? Was bleibt, wenn ich einmal keine Energie mehr habe? Wofür lohnt sich der Einsatz am Ende wirklich? Je länger ich mich die- sen Fragen aussetze, erkenne ich den unermesslichen Wert von echten und vertrauensvollen Beziehungen. Hat Gott den Menschen nicht auf Ergänzung hin ange- legt? Jede und jeder ist ein Abbild von ihm. So steht es ganz am Anfang in der Bibel. Aus vielen verschiedenen Puzzleteilen wird ein großes Bild. Der Apostel Paulus bezeichnet die christliche Gemeinde deshalb später als Leib Christi. Nur durch das achtsame Zusammenwirken unterschiedlichster Begabungen entsteht etwas wirk- lich Neues und Kraftvolles. Eine christliche Gemeinde zeichnet sich dadurch aus, dass sie bewusst fragt: Herr, welchen Auftrag gibst Du uns? Was sollen wir tun?
Freiheit und Beruf(ung)
Luther, Calvin und andere Reformatoren der Kirche haben der Arbeit einen neuen Wert zugemessen. Für sie war sie nicht mehr nur notwendiger Erwerb, sondern der Ausdruck von Freiheit und Berufung, das Schöpfungswirken Gottes fortzusetzen. Gleichzeitig wurde auch die Gefahr der Loslösung der Arbeit von der Berufung erkannt: „Woran Du dein Herz hängst, das ist dein Gott!“ warnte Martin Luther eindringlich. Jeder Mensch steht in der Gefahr der Entfremdung von Gott und der Versklavung unter den Götzen Ar- beit. Das rechte Maß hierbei zu finden, ist eine täglich spannende Herausforderung!
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