Lüneburg (epd). Vertreter von Handwerk, Kirche und Gewerkschaft haben die Bedeutung von Tariflöhnen betont. Neben einer guten Qualifizierung und Würdigung durch Vorgesetzte zähle die Tarifbindung zu den wichtigsten Kriterien für gute Arbeit, sagte die Leiterin Handwerkspolitik beim Deutschen Gewerkschaftsbund, Anna Dollinger, am Freitag in Lüneburg.
Allerdings fielen im Handwerk nur noch 30 Prozent der Beschäftigungen unter die Tarifbindung, kritisierte sie. Das Handwerk könne bei der Sinnhaftigkeit der Arbeit punkten, weniger jedoch mit Blick auf Einkommen und Arbeitsintensität. Dollinger sprach bei einer Bundestagung der Arbeitsgemeinschaft „Handwerk und Kirche“.
Der Vorsitzende der evangelischen Arbeitsgemeinschaft, Dieter Vierlbeck, warnte vor einem weiteren Aufweichen. „Mit großer Sorge betrachte ich, dass immer weniger tarifgebundene Betriebe da sind“, sagte er. In der Folge müssten dann zunehmend Diskussionen über einen Mindestlohn oder eine Mindestausbildungsvergütung geführt werden.
Eine große Herausforderung für Handwerksbetriebe sei, dass sie etwa mit großen Industrie-Konzernen um Personal konkurrierten, berichtete Vierlbeck. Er wisse von einem Betrieb im Metallbau, der vier Meister in Folge an VW verloren habe. In der Automobil-Industrie würden weit höhere Tarife gezahlt. „Da kann der Handwerksbetrieb nicht mithalten.“ Wenn Handwerkerinnen und Handwerker am Ende des Monats feststellten müssten, dass ihr Einkommen bei Vollzeit gerade einmal zum Leben reiche, wüchsen Zweifel an der aktuellen Politik.
Der Vorsitzende der Landesvertretung der Handwerkskammern in Niedersachsen, Karl-Wilhelm Steinmann, ergänzte, besonders in kleineren Betrieben steige die Arbeitsintensität. Dann bestehe die Gefahr, dass Mitarbeiter zu größeren Betrieben abwanderten, um geregeltere Arbeitszeiten zu haben.
Bei der Tagung zum Thema „Wertschätzende Personalführung“ warnte auch der Lüneburger evangelische Regionalbischof Dieter Rathing davor, dass immer mehr Menschen das Gefühl hätten, mit ihrem Anliegen oder ihrer politischen Meinung kein Gehör mehr zu finden. Wichtig sei eine Wertschätzung von Menschen unabhängig von ihrer Leistung.
Quelle: (epd) Karen Miether