Nach dem Politologen Sven Chojnacki ist Krieg eine Extremform der militärischen Gewalt und damit wohl die schlimmste Form der Auseinandersetzung, die sich Menschen gegenseitig antun können. Einen Krieg zu beenden, erscheint daher immer als etwas Gutes und Erstrebenswertes – Leid und Entbehrungen hören auf, etwas Neues kann beginnen. Wenn es gut läuft, entsteht vielleicht sogar dauerhafter Frieden. Für die meisten Menschen ist das eine ganz natürliche Sehnsucht. Eigentlich will niemand Krieg und doch ist die Welt voll davon. Aber welcher Krieg soll heute nun genau beendet werden? Die Auswahl ist groß: Trumps Krieg gegen die Medien, Assats Krieg gegen sein eigenes Volk, ein drohender Handelskrieg zwischen China und den USA, Krieg gegen terroristische Bedrohung, Krieg der Kulturen, Beziehungskrieg, Cyberkrieg oder Geschlechterkrieg. Für den Einzelnen ist es unmöglich, diese Kriege zu beenden. Wenn aber Buß- und Bettag ein Tag des Innehaltens und der Selbstreflexion ist, und sich an diesem besonderen Tag vielleicht Räume für Besinnung, Versöhnung und Umkehr öffnen, dann lohnt es sich schon einmal über die Frage nachzudenken, welche „Kriege“ führe ich eigentlich selber. An welchen Orten führe ich „Krieg“? Warum und wozu führe ich „Krieg“? Wen bekriege ich? Womit bekriege ich den anderen?

Im Coaching können solche Fragen thematisiert werden. S.T.E.P. PRO nach Björn Migge bietet dazu eine gute Möglichkeit. Der Klient wird gebeten, sich eine typische Konfliktsituation vorzustellen, die er gerne bearbeiten möchte. Sobald er sich ganz in seiner Vorstellungswelt befindet, wird er aufgefordert sein imaginäres Gegenüber verbal anzugreifen. In diesem geschützten Raum wird ihm erlaubt nach Herzenslust loszuschimpfen und all seinem Ärger Luft zu machen. Nicht selten kommt es zu einem großen „Kriegsgeheul“, begleitet von Emotionen, Wutausbrüchen und lautem Geschrei. An diese sehr persönliche und aufgeheizte Einheit schließt sich eine abgekühlte und eher rationale Phase an. Coach und Klient reflektieren in einem sokratischen Dialog, was in diesem imaginären „Kriegsgeschehen“ eher der Wirklichkeit entspricht und welche Anteile einer übersteigerten Phantasie, Wertung und persönliche Interpretation entspringen. Außerdem wird die Frage aufgeworfen, welchen Nutzen der Klient von seinem Verhalten hat und welcher Preis damit verbunden ist. Was passiert, wenn er sein Verhalten ändern würde? Welcher Preis wäre damit verbunden? Gäbe es auch Vorteile? Vielen Klienten wird in dieser Phase bereits deutlich, welche eigenen Anteile sie in diesen „Krieg“ einbringen. Gerade das, was wir bei uns selbst so schlecht ansehen können, projizieren wir gerne auf andere, um es dort zu bekämpfen. Zumeist beginnt in dieser Phase ein erstes Nachdenken darüber, welche emotionale Entlastung mit einem Waffenstillstand oder einer friedlichen Aussöhnung verbunden wäre.

Am Ende wird der Klient gebeten, seinen Zeigefinger umzudrehen und auf sich selbst zu zeigen. Die Frage, die sich dann stellt, lautet: Und was hat dieser ganze „Kleinkrieg“ mit mir selbst zu tun? Pause, schweigen, innehalten, nachdenken – oft fallen alle Masken, nicht selten gibt es Tränen. Was passiert, wenn ich mich selbst erkenne? Meine eigene Schuld an diesem ganzen Dilemma zugeben muss? Mit Gottes Hilfe kann ich umkehren und einen Neuanfang wagen. Vielleicht gelingt es mir, auf meinen „Feind“ zuzugehen, um „Heute einen Krieg zu beenden“.

 

„Wo Menschen sich vergessen, die Wege verlassen und neu beginnen, ganz neu, da berühren sich Himmel und Erde, dass Friede werde unter uns.“  (Lied  von Christoph Lehmann und Thomas Laubach)

Dr. Axel Brassler
Geschäftsführer

KWA
Arnswaldtstraße 6
30159 Hannover
Tel.: 0511 473877-11
E-Mail