Die Hälfte ist geschafft! Mittwoch um zwölf Uhr ist der halbe Mittwoch vorbei, die Hälfte der klassischen Montag-bis-Freitag-Woche und auch die Hälfte der Woche, die nach christlichem Verständnis mit dem Sonntag beginnt, liegt hinter einem. Von manchen wird dieser Moment als „Hump-day“ oder „Bergfest“ bezeichnet.

Wer die Hälfte hinter sich hat, hat schon viel erlebt und geschafft – Schönes und Trauriges, Abenteuerliches und Langweiliges, Verwunderliches oder Begeisterndes. Wer die Hälfte noch vor sich hat, kann sich noch auf Vieles freuen und so Manches meistern.

Die „Halbzeit“ ist also ein guter Moment, um kurz innezuhalten und sich eine gedankliche Pause zu gönnen. Mit kurzen Texten und Bildern laden wir Sie jeden Mittwoch zu einer kurzen Mittwochsandacht ein. Gönnen Sie sich diese kurze Halbzeit-Pause!

Jeden Donnerstag versenden wir die Halbzeit-Andacht des KDA aus Bayern in unserem Newsletter, um auch am Donnerstag noch mal inne zu halten.

„Chill mal“

„Alles was Sie beschäftigt, alles was Sie belastet, lassen Sie es für diese halbe Stunde vor dieser Kirchentür“, höre ich zu Beginn der Abendandacht. Die Dame hat leicht reden. Es geht schließlich auf zum Endspurt in diesem anstrengenden Jahr. Sind ja nur noch wenige Tage und schon ist der Kalender für 2022 fällig. „Jahresabschluss“ heißt das so schön, kommt es mir in den Kopf. Ach stimmt, die Reisekosten müssen noch abgerechnet werden, wenn es auch deutlich weniger waren in diesem Jahr. Ist eigentlich die Weihnachtspost schon fertig? Reichen die Briefmarken? Muss ich am Montag gleich mal im Büro nachschauen. Ach und dabei auch gleich noch überprüfen, ob auch ausreichend Kuverts für die Weihnachtsgrüße da sind. Sind die Kassenabrechungen denn schon in der Post? Hm, ich glaube schon. Muss dringend noch eine Liste mit den ToDo´s fertigmachen: Den Anrufbeantworter sollte ich noch neu besprechen. Und für den Urlaub über die Feiertag für das Mailpostfach einen Reminder einrichten.

Da stößt mich ein Ellenbogen in die Seite und reißt mich aus meinem Gedankenkarusell. Ein leicht vorwurfsvoller Blick meines Sohnes trifft mich und ich überlege wie lange ich schon „weg“ war. Eigentlich bin ich ja mit ihm in diese Abendandacht, um mal abzuschalten und dann bin ich mit den Gedanken doch bei dem, was noch alles erledigt werden muss vor den Weihnachtsfeiertagen. Ziemlich dumm eigentlich, denke ich mir noch. So richtig ist es mir wohl nicht gelungen alles was mich beschäftig vor der Kirchentür zu lassen.

Wie das wohl vielen anderen Menschen so geht? Jetzt, wo schon wieder so viele Veranstaltungen und Konzerte abgesagt sind. Wo die meisten Weihnachtsmärkte ausfallen und ein weiters Jahr das für viele wichtige Weihnachtsgeschäft wegzubrechen droht.
Oder wie geht es den Menschen in der Pflege, in den Krankenhäusern, die nach so vielen Monaten der Pandemie mit den Kräften vielfach am Ende sind? Ob die so einfach alles vor einer Kirchentür lassen können? Oder im Handel. Der 24.12. ist ja ein Wochentag. Wie lange da wohl viele Geschäfte, gerade die Lebensmittelläden offen haben? Was macht das mit den Menschen, die an der Kasse sitzen müssen? Ob die eine „staade Zeit“ haben?
Wieder trifft mich ein Ellenbogen, der Blick schon deutlich vorwurfsvoller. „Chill mal“, zischt es zu mir rüber. Hat ja Recht der Junge, denke ich mir schuldbewusst. Ich schaue nach vorne und nehme erstmals den Altarraum richtig wahr, den Adventskranz mit den brennenden Kerzen. Chill mal, denke ich, lass es mal vor der Kirchentür. Ich merke wie ich es schaffe ruhiger zu werden, wie ich anfangen kann zuzuhören.

Ein Vers eines Psalmes wird vorgelesen, Psalm 62,2 ist es: „Bei Gott allein kommt meine Seele zur Ruhe; denn von ihm kommt meine Hoffnung.“ Ich muss innerlich lächeln – die Seele zur Ruhe kommen lassen. DAS ist es wahrscheinlich, worauf es ankommt, denke ich mir. Was ich so vielen Menschen wünsche für diese Tage vor Weihnachten, was ich vielen von Herzen gönne: zur inneren Ruhe kommen können. Denn eigentlich, so kommt es mir beim Blick auf den Adventskranz, ist es kein Endspurt mit diesem Weihnachten – es ist vielmehr der Startschuss. Der Beginn, der Anfang. Von etwas Besonderem, etwas Wunderbarem, einer Hoffnung. Hoffnung, denke ich mir, das nehme ich mit. Vielleicht ist es manchmal doch einfacher, etwas aus einer Kirche mitzunehmen als etwas vor der Kirchentüre zu lassen. Also auf zum Endspurt – der doch vielmehr ein Startschuss ist!

Ulrich Gottwald, kda Augsburg

Weitere Halbzeit-Andachten finden Sie direkt beim Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt der Evang.-Luth. Kirche in Bayern https://kda-bayern.de/mensch-und-arbeit/halbzeit/