Weitverbreitete Sinnkrisen
Im November erzähle ich einem Geschäftsführer einer diakonischen Einrichtung, dass offenbar viele Menschen in der Pandemie ihre berufliche Tätigkeit infrage stellen. Mein Gesprächspartner stimmt mir spontan zu: „Ich habe hier Mitarbeiter:innen, von denen ich dachte, sie machen genau das, was zu ihnen passt, eine Arbeit, in der sie aufgehen. In der letzten Zeit sind mehrere zu mir gekommen und haben gesagt: Corona wirbelt in meinem Kopf und Herz alles durcheinander. Ich will mich beruflich noch mal neu orientieren.“

Verwirrung und Unsicherheit
Corona hat so etwas wie eine globale Sinnkrise in der Arbeitswelt ausgelöst. Sie trifft keineswegs jede Frau und jeden Mann, auch nicht alle Unternehmen und Organisationen. Aber so viel Durcheinander, Infragestellung aller Marktregeln, Zerstörung von Lieferketten, Außerkraftsetzung von Freiheitsrechten, Digitalitätsexplosion, Pleiten, Pech und Pannen, das bleibt nicht ohne Folgen. Wohin geht mein Weg, fragen sich viele, was macht für mich in Zukunft Sinn, wie und wo will ich arbeiten, mich einbringen?

Sinnloser Sinn
Von Sinn und „Purpose“ ist schon länger landauf, landab in Arbeitswelt und Wirtschaft die Rede. Unternehmen möchten sinnvolle Produkte und Dienstleistungen anbieten, Beschäftigte fragen nach Erwerbsarbeit, die für sie Sinn ergibt. Aber das Wort „Sinn“ ist mittlerweile zu einem Buzzwort geworden wie andere vor ihm, New Work, Agilität. Irgendwann ist alles Sinn und nichts mehr, Sinn wird sinn-los…

Sechsundzwanzig Sinnbedeutungen
Die Psychologin Tatjana Schnell hat in akribischer Arbeit sechsundzwanzig Lebensbedeutungen des Wortes „Sinn“ identifiziert. Ich nenne nur einige, scannen Sie den Barcode und Sie kommen zur vollständigen Liste: Spiritualität, soziales Engagement, Naturverbundenheit, Macht, Gesundheit, Leistung, Wissen, Gemeinschaft, Spaß, Harmonie… Kein Wunder, dass das so schwierig ist mit dem Sinn des Lebens oder auch nur in der Arbeit. Aber vielleicht umso lohnender?

Chance für Sinnorientierung
2022, ein Jahr für neue Vorsätze? Meist halten die nicht lange vor, wenn es um mehr Sport und weniger Chips geht. Aber wie wäre es, mal zum Jahresbeginn einen „Sinn-Check“ durchzuführen? Wenn auch Sie das Gefühl beschleicht, in der Corona-Pandemie läuft in meinem beruflichen Alltag einiges oder ganz viel nicht (mehr) rund, macht es „Sinn“, sich die Liste mit den Lebensbedeutungen vorzunehmen. Welche drei sind für Sie am wichtigsten? Oder waren es? Welchen wollen Sie vielleicht mehr Raum in Ihrem Leben, in Ihrer Arbeit einräumen?

Auch wenn Sie zufrieden mit Ihrer Arbeit sind und sich an Ihrem Ort genau richtig fühlen, kann es lohnen, sich mit der Liste zu befassen, und sich zu fragen: Was genau gibt meiner Arbeit Sinn?

Schreiben Sie mir doch Ihre Gedanken dazu, grundsätzlich oder auch persönlich, wenn Sie sich die Liste vorgenommen haben. Ich freue mich darauf!

Die Sinnliste erreichen Sie über diesen Link: https://www.sinnforschung.org/mein-lebenssinn/26-lebensbedeutungen

Die Wortmeldung als PDF können Sie hier herunterladen.

Dr. Matthias Jung
Landessozialpfarrer

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