Die Texte aus dem Buch 7×7 Morgenbriefing für Führungskräfte ermöglichen das Nachdenken über ein gängiges, mal außergewöhnliches Wort. Sie durchkreuzen das tägliche Handeln und wirken als Anregung für Geist und Seele. Die Autorinnen und Autoren gehören weitestgehend zum Evangelischen Verband Kirche-Wirtschaft-Arbeitswelt in der Evangelischen Kirche in Deutschland. Sie arbeiten in den entsprechenden landeskirchlichen Fachabteilungen im Bereich der Führungskräftearbeit und des Kirchlichen Dienstes in der Arbeitswelt.

Kunde

Denn das ganze Gesetz ist in einem Wort erfüllt: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.”
Galater 5,14

Früher hieß es „Der Kunde ist König.” Heute lese ich, im Online-Zeitalter wäre der Kunde sogar „Gott”. Für Unternehmen zählt Kundenorientierung zum kleinen ABC. Manch einer betont, nur die Kunden geben seinem Unternehmen überhaupt eine Daseinsberechtigung. Heißt das aber, die Kunden wären zu vergöttern? Oder vielleicht doch lieber eine Nummer kleiner: Sie sind die, die am Ende bestimmen, was in einem Unternehmen läuft – eben wie ein König?

Ich möchte mich da anders orientieren – und zwar von dem her, was „Kunde“ dem Wortsinn nach bedeutet. Ein Kunde ist einer, der in einem Geschäft kundig und damit bekannt ist, weil er dort regelmäßig einkauft und daher auch die Produkte oder Dienstleistungen des Geschäfts kennt und schätzt. Diese Bedeutung verweist auf etwas Wesentliches: zum Kunden hat man eine Beziehung – und er hat eine Beziehung zum Geschäft und seinen Angeboten. Ein Geschäft, das ist eben nicht nur ein Waren- oder Leistungsaustausch, sondern dabei findet eine zwischenmenschliche Begegnung statt.

Gute Verkäufer wissen das. Sie verschrumpfen den Kunden nicht zum Warenabnehmer oder zur Umsatzzahl, sie blasen ihn auch nicht auf zum Gott oder König. Sie interessieren sich vielmehr für das, was ihn ausmacht als Mensch, etwa seine Erfahrungen, seine Bedürfnisse und Wünsche. Sie versuchen, ihn besser kennen- und verstehen zu lernen, und achten ihn dabei als den, der am besten weiß, was er wirklich braucht. Daraus ergibt sich ein Geschäft auf Augenhöhe. Respekt, Vertrauen, ja, ein freundschaftlicher Umgang können dabei wachsen – echte Nähe. So wird der Kunde zum Nächsten. Und wie heißt es so schön in der Bibel: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.” Ein gutes Geschäft ist dann also – Nächstenliebe.

Autor: Peter Lysy

 

Peter Lysy

Pfarrer, stellv. Leiter kda Bayern
Kirchlicher Dienst in der Arbeitswelt
der Evang.-Luth. Kirche in Bayern
Schwanthalerstr. 91
80336 München
Telefon 01520 9889957
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