Die Texte aus dem Buch 7×7 Morgenbriefing für Führungskräfte ermöglichen das Nachdenken über ein gängiges, mal außergewöhnliches Wort. Sie durchkreuzen das tägliche Handeln und wirken als Anregung für Geist und Seele. Die Autorinnen und Autoren gehören weitestgehend zum Evangelischen Verband Kirche-Wirtschaft-Arbeitswelt in der Evangelischen Kirche in Deutschland. Sie arbeiten in den entsprechenden landeskirchlichen Fachabteilungen im Bereich der Führungskräftearbeit und des Kirchlichen Dienstes in der Arbeitswelt.

 

Maßhalten

Hast du Honig gefunden, iss nicht mehr, als du verträgst, sonst hast du ihn satt und musst erbrechen.
Sprüche Salomon 25,16

Schon die alten Griechen zählten die Mäßigung zu den wichtigsten Tugenden. Auch heute bewundere ich es an Menschen, wenn sie im Leben ein Gespür für das rechte Maß haben. Sie pokern nicht zu hoch und überspannen den Bogen nicht.

Ein achtundvierzigjähriger Bankdirektor sagte mir einmal: „Meine Karriere ist zu schnell und zu erfolgreich verlaufen. Das hat mich aus der Bahn geworfen.” In seiner beruflichen Entwicklung war das rechte Maß verloren gegangen.

Maßhalten ist die Kunst, die angemessene Position zu finden zwischen zwei Extremen, beispielsweise zwischen Lethargie und Übereifer, Selbstlosigkeit und Egoismus… Wo bleibt dann das Außergewöhnliche, zum Beispiel Spitzenleistungen? Tatsächlich lassen Begriffe wie „Perfektion” und „Exzellenz” aus der Sicht der Mäßigung aufhorchen. In der christlichen Tradition ist die wahre Exzellenz Gott vorbehalten und die Perfektion der kommenden Welt. Folgt man dem Ideal des Maßhaltens, dann wird man sich damit begnügen müssen, dass es nur einzelne Projekte und Werkstücke sind, die überdurchschnittlich und besonders sind.

Also ab jetzt nur noch Mittelmaß? Das wäre zu hart. Es geht um die Frage: Was ist für mich und mein Umfeld das Angemessene? Im Maßhalten setzt sich der Mensch lebensdienliche Grenzen. Die Tugend des rechten Maßes hilft, den Bogen nicht zu überspannen. Sie begrenzt die Gier, den Ehrgeiz, den Konsum, das Machtstreben.

Jesus allerdings hat in vieler Hinsicht extrem gelebt. Von seiner Armut bis zu seinem Streit mit den Autoritäten. Er war bereit, den Preis dafür zu zahlen. Denn er liebte Gott und die Menschen – maßlos.

Autor: Stephan Eimterbäumer