Hauptargument gegen Arbeitszeitverkürzung ist aktuell der Fachkräftemangel. Vor allem in der Pflege und vielen Handwerksberufen, aber auch in Gastronomie, Bau und Logistik ist er ein Problem, das durch den demografischen Wandel demnächst noch verschärft wird. Statt Arbeitszeiten zu verkürzen, müssten diese verlängert und das Rentenalter angehoben werden, so die Argumentation von Unternehmensverbänden und sie Unterstützenden aus Wissenschaft und Politik.
Doch das Gegenteil ist richtig: Die Versuche mit der 4-Tage-Woche in Unternehmen der verschiedensten Branchen zeigen, dass gerade das Angebot solch verkürzter Arbeitszeiten die Arbeitgeberattraktivität so erhöht, dass der Fachkräftemangel in diesen Unternehmen kein Problem mehr ist. Gegen den Einwand, dass wenn das alle machen, das Problem wieder das gleiche sein würde, können folgende Erfahrungen mit kürzeren Arbeitszeiten angeführt werden:
Bei den Versuchen mit einer 20-prozentigen Arbeitszeitverkürzung in Großbritannien sank der Krankenstand im Schnitt um 65 %. Damit wird ein großes Arbeitskraftpotenzial bei den bereits Beschäftigten mobilisiert und werden Neueinstellungen überflüssig. Die Studie „Ich pflege wieder, wenn …“ von der Arbeitnehmerkammer Bremen u. a. sowie Berechnungen des DIW zeigen, dass Frauen bei der Einführung von kurzer Vollzeit um die 30 Wochenstunden und der Garantie von deren Verlässlichkeit in großem Umfang (umgerechnet 1,5 bis 2 Millionen Vollzeitstellen) wieder eine Erwerbsarbeit aufnehmen oder ihre meist sehr kurze Teilzeit aufstocken würden. Und die älteren Beschäftigten, von denen viele den normalen Renteneintritt gar nicht erreichen (10 % in Erwerbsminderungsrente, 14 % sterben vorher), könnten mit kürzeren Regelarbeitszeiten gesund bis zum regulären Renteneintritt weiterarbeiten.
Mit diesen durch eine generelle Arbeitszeitverkürzung zu hebenden Arbeitskräftereserven wäre der Fachkräftemangel leicht zu beheben.