Ausbeutung bei der Himbeerernte in Baden-Württemberg
Im September meldeten sich bei uns 12 Saisonbeschäftigte aus Rumänien, die in der Himbeer- und Gemüseernte eingesetzt wurden.
Sie waren durch einen Vorarbeiter des Betriebes angeworben worden. Der Vorarbeiter, den sie „Dada“ nannten, hatte ihnen bei der Anwerbung ein Arbeitsentgelt um die 400 bis 600 Euro netto pro Woche versprochen.
Arbeitsverträge hatten die Erntehelfer nur kurz beim Unterschreiben gesehen. Es wurde ihnen kein Exemplar ausgehändigt, um es in Ruhe durchlesen zu können. Die Ausweise wurden ihnen abgenommen. Nach 10 Arbeitstagen hatten sie sich einen Lohn von 150 Euro „erarbeitet“. Von 6 bis 19 Uhr mussten sie auf den Feldern hacken, Himbeeren pflücken und putzen. Von dem extrem geringen Lohn musste jeder dem Vorarbeiter 50 Euro für die Vermittlung zahlen, hinzu kamen Schulden von 150 Euro für Fahrtkosten. Die Handschuhe und die Scheren für die Ernte mussten sie sich ebenfalls selbst kaufen. Um nicht im Akkord zu arbeiten, mussten sie einem weiteren Vorarbeiter aus Polen 100 Euro bezahlen.
Für die menschenunwürdige Unterkunft verlangte der Betrieb am Tag 4 Euro. Die „Unterkunft“ bestand aus der Bereitstellung eines verrosteten Betts in einem verschimmelten Fünf-Betten-Raum, zerstörten Sanitäranlagen, verdreckten Wohnwagen und einem alten Gasherd für viel zu viele Leute.
Die Aussagen der Mitarbeiter, die auf dem Leicht-Hof die bittersten Erfahrungen sammeln mussten, sind erschütternd. Vasile S., einer der 12 Beschäftigten, kam mit der Hoffnung nach Deutschland, mit dem erarbeiteten Geld seine Familie in Rumänien über Wasser zu halten. Jetzt hat er nicht mal genügend Geld für die Heimfahrt. Er sagte uns schockiert: „Ich dachte, in Deutschland wäre es anders.“ Rita P. sagte uns, sie fühle sich „wie eine Sklavin behandelt“. Acht Beschäftigte haben aufgegeben, sie fuhren verschuldet und resigniert zurück nach Rumänien. Vier von ihnen kämpfen jedoch weiter für ihre Rechte. Wir unterstützen sie darin, wegen der einbehaltenden Ausweise Anzeige zu erstatten und eine Lohnklage zu erstellen. Der Agrarbetrieb ist ein großer Name und beliefert einen der vier großen Supermarktkonzerne in der Region.
Renate Zäckel, KDA Mannheim