Vom Acker auf den Tisch – Ein Einblick in die Kohl-Ernte
90 Millionen Kohlköpfe im Jahr, das sind ca. 223.400 Tonnen Kohlköpfe, davon 188.000 Tonnen Weißkohl. Auch Rotkohl, Wirsingkohl, Blumenkohl, Chinakohl, Brokkoli, Grünkohl und Kohlrabi werden in Dithmarschen auf über 3.000 Hektar Marschland angebaut, dem größten geschlossenen Kohlanbaugebiet Europas. Die Zahlen sind beeindruckend und zu Recht sind die Menschen auf Tradition und Leistung stolz.
Aber wie viele Menschen sind eigentlich als Erntehelfer*innen in der Kohlernte tätig? Dazu schweigt selbst die Agrarstrukturerhebung 2023 bzw. das zuständige Statistikamt. Darüber ist nur zu erfahren, dass ca. 9.100 landwirtschaftliche Saisonkräfte pro Jahr in ganz Schleswig-Holstein tätig waren. Dabei werden doch die Kohlköpfe „überwiegend in Handarbeit gepflanzt, geerntet und in Kisten gelegt“, wie es auf einer Internetseite werbend heißt, damit sie ohne Druckstellen gelagert und verkauft werden können.
Liegt es mit daran, dass mittlerweile ein Teil der Erntehelfer*innen nicht mehr für kurze Zeit ein- und dann wieder abreisen, sondern ganzjährig oder zumindest für einen längeren Zeitraum in der Landwirtschaft Arbeit gefunden haben und entsprechend dauerhaft vor Ort leben? Oder ist die Anzahl der Erntehelfer*innen einfach nicht von Interesse?
Nun kann aus fehlendem Datenmaterial nicht gleich geschlussfolgert werden, da würden Menschen unter schwierigsten Bedingungen arbeiten und leben. Aber eine einfache Arbeit ist das Ernten von Kohl allein schon wegen der Gewichte von Kohlköpfen nicht. Wer weiß, dass ohne ausländische Erntehelfer*innen kaum ein Gemüse in Deutschland geerntet wird, nimmt es vielleicht als Hinweis, auch bei sich in der Region, im Urlaub oder beim Einkauf zu fragen und genauer hinzusehen: Wer hat dies für mich geerntet? Wie sehen die Arbeits- und Lebensbedingungen dieser Menschen aus?
Anregungen dazu bieten auch diese beiden Hinweise:
Die Redaktion von FUNK, einem Online-Medienangebot von ARD und ZDF für junge Leute bis ca. 29 Jahre, hat 2023 eine sehr sehenswerte Reportage zu Erntehelfer*innen in der Kohlernte erstellt: Rumänen auf dem Acker, wie Kohl ein Dorf verändert, bietet einen Einblick in das Mit- und Nebeneinander von rumänischem Erntehelfer*innen und deutschen Staatsbürger*innen:
→ https://www.youtube.com/watch?v=JCqaD5vjRA8 ( knapp 25 Min.)
Und auch das Hamburger Obdachlosenmagazin Hinz und Kunzt hat sich 2022 in Dithmarschen umgesehen und berichtet von einer rumänischen Familie, die bei einem Kohlbauern lebt und arbeitet:
→ https://www.hinzundkunzt.de/dithmarschen-rumaenen-zuwanderung-landwirtschaft/